Pfarrerin Kristina Ziegenbalg
04.05.2020
Liebe Widderter Gemeindeglieder,
liebe Freunde der Widderter Gottesdienste!
Sicher fragt sich nach der Berichterstattung in den Medien der ein oder andere, wann wir denn in Widdert wieder „Präsenzgottesdienste“ feiern.
Dazu ist es wichtig zu wissen, dass wir jetzt lediglich einen rechtlichen Rahmen und konkrete Bedingungen haben, unter denen Kirchengemeinden gesetzeskonform Gottesdienste durchführen können. Dieser Rahmen ist allerdings keine Handlungsempfehlung.
Sowohl der Präses unserer Landeskirche als auch Superintendentin Frau Dr. Werner haben in ihren Schreiben darauf hingewiesen, dass mit diesem rechtlichen Spielraum ein vorsichtiger Umgang und ein sorgfältiges Abwägen verbunden ist.
Aus den Texten, die unter anderen unter www.klingenkirche.de zu finden sind, möchte ich unsere Superintendentin an einer Stelle zitieren: „Jesus hat einmal gesagt, dass die Liebe das Merkmal sei, an dem man die Gemeinschaft erkennen soll, die sich an ihm orientiert. Dieses Kennzeichen muss natürlich auch für die Praxis unserer Gottesdienste gelten….Ob Gottesdienstfeiern in der Kirche diesem Liebesgebot entsprechen, wenn sie aus Hygienegründen ohne Gesang bleiben und ohne diejenigen stattfinden, die sich wegen ihres erhöhten Ansteckungsrisikos nicht in die Kirche trauen, müsse kritisch hinterfragt werden. Auch eine Einladung zum Gottesdienst, bei der dann konkret viel mehr Menschen an der Kirchentür abgewiesen werden müssten, als eingelassen werden könnten, wirke eher lieblos. Im Zweifelsfall wolle man darum lieber etwas länger warten, als Gemeindemitgliedern weh zu tun.“
Die Solinger Kirchengemeinden, vertreten durch ihre Presbyterien, werden in Hinblick auf ihre Gottesdienstes unterschiedlich entscheiden. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: die Größe des Kirchraums und die Zuwegung, die Konzeption der Gottesdienste, die personellen Ressourcen in Aufsicht und Desinfektionsmaßnahmen, aber auch theologische Erwägungen.
Die Männer und Frauen in den Presbyterien tragen dabei eine besondere Verantwortung sowohl für die Glaubwürdigkeit der kirchlichen Botschaft als auch insbesondere für die Gesundheit der Eingeladenen und Mitarbeitenden.
Wir in Widdert haben uns dafür entschieden, uns bis zu den Sommerferien auf alternative geistliche Angebote zu konzentrieren:
- tägliche Mutmach-Impulse über whatsapp-broadcast
- Impulse per Mail
- wöchentliche moderne Gottesdienste über die Homepage www.widdert.com
- telefonische Andachten unter 0212-24709010
Wir beobachten die epidemiologische Lage, lernen aus den Erfahrungen, die einige wenige Gemeinden in den nächsten Wochen machen und diskutieren, und entwickeln parallel dazu Möglichkeiten, wie wir in den nächsten Monaten Gottesdienste feiern können.
Denn das ist jetzt schon deutlich: Wir werden noch sehr lange keine Gottesdienste feiern können, wie wir es gewohnt sind. Momentan dürften wir in Widdert z.B. maximal mit insgesamt 15 Personen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen gleichzeitig im Kirchraum sein.
Am Schluss seien mir einige persönliche Gedanken erlaubt:
Für mich ist der Gottesdienst Kernstück meines Glaubens und meiner Arbeit. Ich vermisse das lebendige Zusammensein mit den vielen Menschen, die nach Widdert kommen, sehr. Mein ganzes Berufsleben lang habe ich mich für Formen des Gottesdienstes eingesetzt, in denen Menschen sich begegnen, miteinander in Kontakt kommen, den Kirchraum und die Mitfeiernden ganzheitlich wahrnehmen. Es tut weh, das alles jetzt eine lange Zeit nicht zu haben und nicht gestalten zu können.
Was ich mir aber nicht vorstellen kann: Aufgrund der Bestimmungen und der Einsicht in Risiken wieder zu alten, traditionellen Gottesdienstformen mit frontaler Ausrichtung zurückzukehren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, die nächsten Monate unsere älteren oder gesundheitlich beeinträchtigten Gemeindeglieder zu bitten, zu Hause zu bleiben. Und ich kann schwer fröhlich feiern, wenn ich meine eigenen Kinder, meine Mutter und meine Freunde zurzeit nicht treffen darf, um sie und unsere Gesellschaft zu schützen.
Wenn ich an die vielen Menschen denke, die in Kunst und Gastronomie, in der Reisebranche und anderswo um ihre Existenz kämpfen müssen, an die, die sich unter Schmerzen an die Empfehlungen halten, um diese Pandemie einzudämmen, halte ich persönlich Zurückhaltung, Geduld und Demut für die angemessene Reaktion einer Kirchengemeinde.
Nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, sollten wir tun.
Unsere Maßstäbe sind darüber hinaus Liebe, Rücksicht und Wertschätzung.
Unser Gott hat uns mit Hoffnung und Kreativität beschenkt. Nehmen wir beides und überlegen, was geht, wie wir einander etwas von Gottes Liebe weitergeben können.
Denn Gottesdienst – so verstanden- findet nicht nur in der Kirche statt, sondern an ganz vielen Orten. Ich bin sicher, da wird uns vieles gelingen!
Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrerin
Kristina Ziegenbalg
Vorsitzende des Presbyteriums