Mo.. Nov. 10th, 2025

Kristina Ziegenbalg, Predigt im Talkgottesdienst Widdert (26.10.2025) „Kommt Bello in den Himmel?“

„Ich glaube, dass auch die Hündelein in den Himmel kommen und jede Kreatur eine unsterbliche Seele hat.“

Ob Martin Luther diesen Satz wirklich gesagt hat? Darüber streiten sich viele schlaue Leute.
Tatsache ist aber, dass der große Reformator selbst einen Hund hatte, ein Familienmitglied, und dass dieses Zusammenleben ihn verändert hat.
Ich denke, die meisten von euch, die heute hier sind, kennen das.
Nur wer selbst einen Hund oder eine Katze hat, ein Meerschweinchen oder ein Pferd, wer seinem Tier in die Augen blickt, der ahnt, dass uns Menschen mit den Tieren unheimlich viel verbindet.
Auch Luther hat das gespürt, und versucht, dieses Gefühl mit der Bibel ins Gespräch zu bringen, den Glaubenden seiner Zeit eine Orientierung darüber zu geben:
Wie ist das denn eigentlich mit Gott und den Tieren?
Gibt es in Glaubensdingen einen Unterschied zwischen Menschen und Tieren?  
Und worin besteht der?

Und natürlich stellte er sich auch die Frage, die die meisten Tierhalter umtreibt:
Sehen wir uns wieder? Gilt die Hoffnung auf einen „Himmel“, ein Friedensreich, ein Zusammensein mit Gott und denen, die wir lieben, gilt die nur uns Menschen?

Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen… – einer seiner zentralen Glaubenssätze.
Ich, Mensch, stehe schon dadurch in Verbindung mit jedem Tier, weil Gott uns miteinander und füreinander geschaffen, gewollt hat und uns gleichermaßen liebt.
Insofern: Gott macht keinen Unterschied, er liebt mich und dich genauso wie das kleinste Tier. Man könnte auch sagen:
Es ist etwas Göttliches in jedem Geschöpf auf der Erde. Eigenschaften wie Treue, bedingungslose Liebe und Vertrauen sind göttlichen Ursprungs, und wir finden sie in unseren Tieren wieder.

Dieser Gedanke war zu Luthers Zeiten radikal, denn bis in die heutige Zeit hinein denkt und handelt die Menschheit so, als ob Tiere Dinge wären, die wir zu unserem Wohlstand und unserer Freude benutzen könnten.
Selbst unsere Gesetzgebung folgt dem in weiten Teilen. Wenn wir Tiere bestatten dürfen, dann nur als „Grabbeigaben“. – Wer ein Haustier liebt, dem tut das weh, denn wir wissen doch: Sie fühlen wie wir, sie leiden wie wir, sie empfinden Freude und Trauer.
Und sie sind intelligenter als wir denken.

In den letzten zweihundert Jahren haben Forscher wie Charles Darwin, Konrad Lorenz und die Affenforscherin Jane Goodall herausgefunden, dass wir uns mit unserer menschlichen Überheblichkeit auf dem Holzweg befinden.

Nein, nicht nur Menschen können Werkzeuge nutzen und sogar herstellen, sich mit Sprache verständigen oder selbstlos handeln. Im Versöhnen zum Beispiel sind uns Menschenaffen weit voraus.
Und durch aktuelle Forschungen bekommen wir nur eine leichte Ahnung davon, was wir alles von Tieren nicht wissen.
Dieser Unterschied, die klare Grenze zwischen Mensch und Tier ist ein Konstrukt, das ganz erheblich bröckelt – und das ist gut so.
Das zwingt zum Umdenken – auch zu einer neuen theologischen Bewertung.
Der Glaubenssatz, dass der Mensch Gottes Ebenbild ist, zielt eben nicht darauf, dass er die Tierwelt beherrschen soll, sondern, dass er Verantwortung für sie übernimmt.
Denn die meisten Menschen sind dazu in der Lage:
zu wissen, was gut ist und was Böse, sich für oder gegen Gott zu entscheiden und damit auch für oder gegen diese von Gott übertragene Verantwortung.
Tiere können das nicht. Deshalb brauchen sie auch keinen Glauben, der sie in eine Beziehung zu Gott bringt.  – Übrigens ebenso wenig wie kleine Kinder oder Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage sind. –  Sie alle haben diese Beziehung längst, sie sind mit Gott verbunden und können diese Beziehung gar nicht aus eigener Entscheidung lösen.

„Frau Ziegenbalg, jetzt bringen Sie es doch mal auf den Punkt!“, hat mir letzten jemand auf der Straße gesagt: „Kommen die Tiere denn jetzt in den Himmel oder nicht?“
Jetzt können wir lange über den Begriff „Himmel“ reden, was wir uns darunter vorstellen, ob die Regenbogenbrücke damit was zu tun hat, ob Tiere eine Seele haben und ob unsere Haustiere uns da oben freudig erwarten.

Machen wir jetzt nicht. Denn das bleibt alles Spekulation. Niemand weiß, wie der Himmel aussieht.
Was wir aber haben, ist eine Hoffnung, die durchaus durch die Bibel begründet ist:
Gott lässt keins seiner Geschöpfe fallen.

In seinem Reich, das wir auch Himmel nennen, sind alle Lebewesen von dem befreit, was das irdische Leben schwer macht, und Liebe und eine liebevolle Beziehung, ein Wiedersehen, wie auch immer, gehört für mich dazu. „Wenn du in einer Beziehung mit Gott bist, von ihm am Ende der Tage Freiheit und unendlichen Frieden erhoffst, dann werden auch deine Haustiere dabei sein.“, so hat es ein Kollege formuliert. „Und dieser Himmel, der ploppt heute und hier schon immer mal wieder auf.“

Ihr merkt das auch, wenn euch euer Tier ganz viel zurückgibt.
Wenn ihr die Beziehung und das Zusammensein mit eurem Tier genießt – und dadurch auf einmal auch andere Tiere wie Frösche und Spinnen anders betrachtet.
Wenn ihr ins Staunen kommt über die Schönheit und Perfektion, mit der die Tierwelt geschaffen ist. Und euch vielleicht fragt, ob das alles Zufall ist.

Ja, auch ein Himmel auf Erden ist ohne Tiere nicht denkbar.
Jedenfalls nicht für Menschen, die in ihrem Tier auch eine Spur von Gott entdecken.
 „Wenn Menschen bei Tieren zu Gast sind, ist Gott immer dabei.“,  (Billy) hat ein Schweizer Autor geschrieben. Ein schöner Satz.

Denn das heißt doch: Es ist für unseren Glauben wichtig, wie wir unser Zusammensein mit Tieren gestalten.
„Tiere zu respektieren, macht uns zu besseren Menschen.“, hat Jane Goodall gesagt.
Und vielleicht hat sie damit einen Weg zum Himmel für uns alle aufgezeigt.
Und sie schloss vor wenigen Wochen ihren Lebensweg mit dem Wunsch:
„Und so wage ich es, mir eine Welt zu wünschen, in der die Menschen in Harmonie miteinander und mit der Natur leben, und mit all den wunderbaren Tieren, mit denen wir den Planeten teilen.“

Amen.