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Neues aus Widdert KW 27

Guten Morgen!

Viele sind in Ferientage gestartet, einige verbringen sie in diesem Jahr im Garten oder in der Umgebung, andere genießen den Sommer vielleicht auch im ganz normalen Alltag.

In unserer Gemeinde gibt es zum Ferienbeginn gute Neuigkeiten:

Die Widderter Kirchengemeinde wurde von der Landeskirche als einer von insgesamt 10 Erprobungsräumen ausgewählt, worüber wir uns natürlich sehr freuen.

Das Presbyterium hat dazu fast anderthalb Jahre vorgearbeitet, um das Konzept “AUFGESCHLOSSEN” vorzulegen, das das Vergabegremium offenbar überzeugt hat.

Zusamengefasst geht es darum, unsere Kirchengemeinde zu ermutigen und fit zu machen, um langfristig mit nur geringer pastoraler Versorgung lebendig Gemeinde sein zu können.

Weitere Infos zum Projekt Erprobungsräume gibt es hier:

Erprobungsräume Homepage

Die ersten zehn Erprobungsräume werden jetzt gefördert

Evangelische Kirche im Rheinland fördert innovative Projekte in Solingen

Wir sind sehr gespannt, wer sich mit uns auf den Weg machen möchte und wie sich das Projekt bei uns entwickelt. Vielleicht haben Sie hast du ja Lust, mitzumachen?

Ein kleiner Anfang des Projekts findet sich seit gestern auf dem Widderter Friedhof.

Auf fünf Impulstafeln, die auf den Wiesenflächen verteilt sind, gibt es Fragen und Anregungen zum Nachdenken: Eine andere Form von Gottesdienst. Jederzeit und auch in “Einzelteilen” erlebbar.

Die Tafeln tragen die Überschriften: “geliebt”, “traurig”, “hoffnungsvoll”, “befreit” und “dankbar”.

In den Sommerferien bleiben die Tafeln dort stehen und werden vielleicht noch ergänzt. Ich freue mich sehr über Rückmeldungen dazu!

Nach der Genehmigung des Hygienekonzepts werden wir in den nächsten Wochen voraussichtlich mit zwei bis drei “Präsenzgottesdiensten” auf unserer Gemeindewiese starten. Nähere Infos dazu folgen dann jeweils zu Beginn der Woche. 

Einen guten Start in die Woche und herzliche Grüße,

Eure Kristina Ziegenbalg

Aus Liebe zur Schrift …

las ich gestern. Als Theologin dachte ich natürlich sofort an die Bibel. Gemeint war aber eine Gruppe, die sich schön gestalteten Karten und Texten verschrieben hat, dem sogenannten „Handlettering“.

Ich musste schmunzeln. Komisch, was für einen Unterschied der Kontext macht.

Und dann bin ich an der Formulierung doch hängen geblieben. Würde ich, würdet ihr das so formulieren wie diese Gruppe von Hobbykünstlerinnen?

Verbindet uns mit der „Schrift“, der „Heiligen Schrift“, wie wir die Bibel ja auch nennen, ein tiefes Gefühl, eine Liebe? Etwas, das uns Herzklopfen verursacht, im Inneren tief berührt?

Ich gebe zu: Mir geht das nicht immer so.

Manchmal ist die Bibel für mich Arbeitsmaterial, ein anderes Mal Herausforderung, und mitunter auch ein Rätsel, trotz langem Studium und vielen Jahren der Beschäftigung mit biblischen Texten.

Aber immer wieder kommt der Moment, da packt sie mich. Da lese ich einen Text, der mir direkt aus dem Herzen spricht, da rücken die biblischen Figuren an meine Seite und ich habe das Gefühl, ich bin dabei, damals, in der Wüste oder in einer Menschenmenge, die Jesus zuhört.

Und dann spüre ich diese Verbindung zu dem, was dort aufgeschrieben wurde, von Menschen, die ergriffen waren von Gottes Liebe und davon weitererzählen wollten.

Liebe ist der rote Faden, der sich durch dieses Buch zieht.

Wenn wir nur die Buchstaben und Seiten betrachten, ist das nicht spürbar.

Erst beim Lesen, beim Erleben, beim Befragen und Teilen der Texte wird sie erfahrbar: die Liebe.

„Liebe ist nicht nur ein Wort“, heißt es in einem Lied des Gesangbuchs.

Liebe ist auch mehr als eine Schrift, sogar mehr als eine „Heilige Schrift“.

Viele neuere Ausgaben heißen „Gute Nachricht“ oder „Hoffnung für alle“ und setzen uns damit auf die Spur: Liebe, Leidenschaft entsteht nur durch eine lebendige Beziehung zu dem, was darinsteht.

Und eine Beziehung ist immer ein Abenteuer.

Bleibt behütet!

Kristina Ziegenbalg 

Wie hält man eine Bibel hoch?

“Wie hält man die Bibel hoch?”, fragt unser Präses Manfred Rekowski heute in einem Video, und er verweist damit auf das Bild des amerikanischen Präsidenten Trump mit der Bibel in der erhobenen Hand. Rekowski wünscht sich, dass viele Christinnen und Christen die Bibel hochhalten, in den USA und überall auf der Welt. Aber ganz anders als Trump.
Wie hält man die Bibel hoch? Indem man aufeinander achtet und sich gegenseitig achtet, auch im Andersein. Indem man das Leben anderer, ihr Denken, ihre Kultur, ihren Glauben akzeptiert. Indem man Brücken baut statt Mauern, Hände reicht statt den Hass zu schüren. Indem man im anderen Menschen den Bruder und die Schwester sieht und das Gesicht Gottes. Lassen wir uns ermutigen, unsere Bibel im diesem Sinn hochzuhalten!

Bleibt behütet!

Erntehelfer

Letzter Tage habe ich mit einem Freund per Video gechattet. 

Das ist ja so eine ganz neue Erfahrung für viele. Plötzlich blickt man in anderer Leute Wohnzimmer, sieht, wie sie so eingerichtet sind und was sie so anhaben, wenn sie ganz allein zu Hause sind.  

Er trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck “Carpe diem” – wörtlich übersetzt ” pflücke den Tag”. Und wenig später erzählte er: Heute ist so ein Tag, an dem ich einen Erntehelfer brauchen könnte.  

Ich finde diesen Gedanken neu und nachdenkenswert.  

Und ich glaube, es gibt zwei Sorten von Tagen, an denen ein oder mehrere Erntehelfer ganz nützlich sein könnten.  

Da sind einmal die Tage, die voll sind von Glück und schönen Erlebnissen, und man weiß gar nicht, wohin damit. Um sie zu ernten, aufzubewahren und später noch mal erinnern zu können. Unser Hochzeitstag im letzten Jahr war so ein Tag, an dem wir viele Erntehelfer dabei hatten. Freundinnen und Freunde, die viele Wochen und Monate später mit uns in Erinnerungen schwelgen und uns heute noch erzählen, wie schön dieses Fest war.  

Und dann gibt es die Tage, an denen ich mich gar nicht so richtig aufraffen kann, irgendwas zu pflücken oder zu ernten. Weil ich denke, da gibt es nichts, was lohnt. Nichts, was erblüht oder als Frucht dieses Tages zu genießen wäre.  

Und da kommt jetzt einem ” Erntehelfer” eine ganz besondere Bedeutung zu. Einer, der in meinem Tag das Besondere sieht, der entdeckt, was zu pflücken ist und es vielleicht einfach an meiner Stelle tut, diesen Tag pflücken.  

Wir Christen können füreinander solche Erntehelfer sein. Einander den Tag pflücken und einem anderen die reifen, duftenden Früchte reichen, vielleicht schon in Stückchen geschnitten wie es Oma immer getan hat, als ich Kind war. – Aber auch miteinander ernten, wenn es viel und reichlich gibt. Die Speicher mit vereinten Kräften füllen und wissen, dass da unser gemeinsamer Vorrat ist für kältere und dunklere Tage.  

Das alles ist für mich gemeint, wenn im Matthäusevangelium von Jesus erzählt wird:  

Jesus zog durch alle Städte und Dörfer in dieser Gegend. Er lehrte in den Synagogen und verkündete überall im Land die rettende Botschaft von Gottes Reich. Wohin er auch kam, heilte er die Kranken und Leidenden. Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren erschöpft und hilflos wie Schafe, die keinen Hirten haben. »Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter«, sagte Jesus zu seinen Jüngern. »Darum bittet den Herrn, dass er noch mehr Arbeiter aussendet, die seine Ernte einbringen.« 

Wie ist es? Wollen wir uns nicht freiwillig melden, als Ernte-Helfer? 

Bleibt behütet!  

Kristina Ziegenbalg 

Ein Stück vom Himmel

Heute ist Christi Himmelfahrt, oder, wie ein amerikanischer Kollege s ausgedrückt hat, der Tag, an dem Jesus beschlossen hat, Homeoffice zu machen. 🙂

Himmel, das ist in unserer Sprache ein ziemlich schillernder Begriff. Wir schauen an den wolken- und flugzeuglosen Himmel und wissen, dass dahinter der Weltraum liegt und niemals endet.

Wir sagen, Gott wohnt im Himmel, schauen nach oben und wissen doch, dass er ganz anders ist als ein alter Mann zwischen den Wolken.

Wir erzählen davon, dass unsere Toten im Himmel sind und wissen gleichzeitig nicht, wo er ist, dieser Himmel und wie es da sein wird.

Wir verwenden die Ausdrücke “himmlisch” und “im 7. Himmel” und meinen wunderbare, paradiesische Zustände.

Vor achtzig Jahren lebte in Warschau die kleine Janina David zeitweilig versteckt in einem engen dunklen Zimmer, das sie niemals verlassen durfte. Die Familie David musste sich vor den Nazis verstecken. In dem Buch, das sie später über ihre Erlebnisse schrieb, erinnert sich Janina David an ein winziges Fenster, durch das sie ein Stück vom blauen Himmel sehen konnte. Dieser Blick auf den Himmel war es, was ihr Mut gab und sie die lange böse Zeit am Leben hielt.

Für das jüdische Mädchen Janina bedeutete der Himmel Freiheit, Hoffnung, Zukunft.

Der Himmel ist ein Symbol für so vieles, was uns glücklich macht. Der Himmel, den wir sehen können, wenn wir unseren Blick nach oben richten, ist ein Bild dafür.

Aber: Gott ist nicht da, wo der Himmel ist, sondern der Himmel ist da, wo Gott ist.

Christi Himmelfahrt erinnert daran. Der Jesus, der vorher für seine Freunde und die Menschen in einigen Dörfern und Städten erfahrbar war, ist jetzt “im Himmel” und damit überall da, wo Gott ist. Über uns, neben uns, um uns herum, in uns.

Quasi im Homeoffice mit umgekehrtem Vorzeichen. Nähe statt Abstand, obwohl er körperlich nicht mehr da ist.

Das ist schwer zu verstehen. Und trotzdem will ich es glauben.

Und wenn ich heute in den Himmel gucke, dann fällt mir das etwas leichter als an grauen Tagen. Ein Stück vom Himmel ist da. Auch für mich. Heute. Damit ich grenzenlos hoffen kann.


Bleibt behütet!
Kristina Ziegenbalg

Infobrief zum Thema Gottesdienste

                                                                                    Pfarrerin Kristina Ziegenbalg
04.05.2020

Liebe Widderter Gemeindeglieder,

liebe Freunde der Widderter Gottesdienste!

Sicher fragt sich nach der Berichterstattung in den Medien der ein oder andere, wann wir denn in Widdert wieder „Präsenzgottesdienste“ feiern.

Dazu ist es wichtig zu wissen, dass wir jetzt lediglich einen rechtlichen Rahmen und konkrete Bedingungen haben, unter denen Kirchengemeinden gesetzeskonform Gottesdienste durchführen können. Dieser Rahmen ist allerdings keine Handlungsempfehlung.

Sowohl der Präses unserer Landeskirche als auch Superintendentin Frau Dr. Werner haben in ihren Schreiben darauf hingewiesen, dass mit diesem rechtlichen Spielraum ein vorsichtiger Umgang und ein sorgfältiges Abwägen verbunden ist.

Aus den Texten, die unter anderen unter www.klingenkirche.de zu finden sind, möchte ich unsere Superintendentin an einer Stelle zitieren: „Jesus hat einmal gesagt, dass die Liebe das Merkmal sei, an dem man die Gemeinschaft erkennen soll, die sich an ihm orientiert. Dieses Kennzeichen muss natürlich auch für die Praxis unserer Gottesdienste gelten….Ob Gottesdienstfeiern in der Kirche diesem Liebesgebot entsprechen, wenn sie aus Hygienegründen ohne Gesang bleiben und ohne diejenigen stattfinden, die sich wegen ihres erhöhten Ansteckungsrisikos nicht in die Kirche trauen, müsse kritisch hinterfragt werden. Auch eine Einladung zum Gottesdienst, bei der dann konkret viel mehr Menschen an der Kirchentür abgewiesen werden müssten, als eingelassen werden könnten, wirke eher lieblos. Im Zweifelsfall wolle man darum lieber etwas länger warten, als Gemeindemitgliedern weh zu tun.“ 

Die Solinger Kirchengemeinden, vertreten durch ihre Presbyterien, werden in Hinblick auf ihre Gottesdienstes unterschiedlich entscheiden. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: die Größe des Kirchraums und die Zuwegung, die Konzeption der Gottesdienste, die personellen Ressourcen in Aufsicht und Desinfektionsmaßnahmen, aber auch theologische Erwägungen.

Die Männer und Frauen in den Presbyterien tragen dabei eine besondere Verantwortung sowohl für die Glaubwürdigkeit der kirchlichen Botschaft als auch insbesondere für die Gesundheit der Eingeladenen und Mitarbeitenden.

Wir in Widdert haben uns dafür entschieden, uns bis zu den Sommerferien auf alternative geistliche Angebote zu konzentrieren:

  • tägliche Mutmach-Impulse über whatsapp-broadcast
  • Impulse per Mail
  • wöchentliche moderne Gottesdienste über die Homepage www.widdert.com
  • telefonische Andachten unter 0212-24709010

Wir beobachten die epidemiologische Lage, lernen aus den Erfahrungen, die einige wenige Gemeinden in den nächsten Wochen machen und diskutieren, und entwickeln parallel dazu Möglichkeiten, wie wir in den nächsten Monaten Gottesdienste feiern können.

Denn das ist jetzt schon deutlich: Wir werden noch sehr lange keine Gottesdienste feiern können, wie wir es gewohnt sind. Momentan dürften wir in Widdert z.B. maximal mit insgesamt 15 Personen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen gleichzeitig im Kirchraum sein.

Am Schluss seien mir einige persönliche Gedanken erlaubt:

Für mich ist der Gottesdienst Kernstück meines Glaubens und meiner Arbeit. Ich vermisse das lebendige Zusammensein mit den vielen Menschen, die nach Widdert kommen, sehr. Mein ganzes Berufsleben lang habe ich mich für Formen des Gottesdienstes eingesetzt, in denen Menschen sich begegnen, miteinander in Kontakt kommen, den Kirchraum und die Mitfeiernden ganzheitlich wahrnehmen. Es tut weh, das alles jetzt eine lange Zeit nicht zu haben und nicht gestalten zu können.

Was ich mir aber nicht vorstellen kann: Aufgrund der Bestimmungen und der Einsicht in Risiken wieder zu alten, traditionellen Gottesdienstformen mit frontaler Ausrichtung zurückzukehren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, die nächsten Monate unsere älteren oder gesundheitlich beeinträchtigten Gemeindeglieder zu bitten, zu Hause zu bleiben. Und ich kann schwer fröhlich feiern, wenn ich meine eigenen Kinder, meine Mutter und meine Freunde zurzeit nicht treffen darf, um sie und unsere Gesellschaft zu schützen.

Wenn ich an die vielen Menschen denke, die in Kunst und Gastronomie, in der Reisebranche und anderswo um ihre Existenz kämpfen müssen, an die, die sich unter Schmerzen an die Empfehlungen halten, um diese Pandemie einzudämmen, halte ich persönlich Zurückhaltung, Geduld und Demut für die angemessene Reaktion einer Kirchengemeinde.

Nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, sollten wir tun.

Unsere Maßstäbe sind darüber hinaus Liebe, Rücksicht und Wertschätzung.

Unser Gott hat uns mit Hoffnung und Kreativität beschenkt. Nehmen wir beides und überlegen, was geht, wie wir einander etwas von Gottes Liebe weitergeben können.

Denn Gottesdienst – so verstanden- findet nicht nur in der Kirche statt, sondern an ganz vielen Orten.  Ich bin sicher, da wird uns vieles gelingen!

Bleiben Sie behütet!

Ihre Pfarrerin

Kristina Ziegenbalg
Vorsitzende des Presbyteriums